Es gibt drei Punkte auf der Landkarte, die im Leben von Emmy Noether eine wichtige Rolle gespielt haben: das Haus in der Hauptstraße in Erlangen, in dem sie geboren wurde; das Göttinger Institut, in dem ihre großen Entdeckungen in der Mathematik stattfanden und das Bryn Mawr College (USA), in dem sie ihre letzten Lebensjahre verbrachte.
Die Schule, auf die das Mädchen Emmy ging, war in der Nähe des Bahnhofs. Und das Schild „Erlangen" war eines der ersten, das sie lesen konnte.
Ihre Eltern hielten das Mädchen nicht für besonders begabt. Ihr Schicksal als Lehrerin für Fremdsprachen an Volksschule schien besiegelt. Deshalb waren die Eltern mehr als erstaunt, dass Emmy als eine der ersten Frauen, die in Bayern studieren durften, ihr Studium der Mathematik an der Erlanger Universität abschloss, ihre Doktorarbeit verteidigte und von David Hilbert persönlich nach Göttingen eingeladen wurde.
„Bitten Sie Fräulein Noether, zu mir zu kommen“, sagte er zur Sekretärin. „Ihre Vorlesungen müssten zu Ende sein.“
Es verlangte David Hilbert einiges ab, damit Emmy Noether zur Verteidigung ihrer Doktorarbeit zugelassen wurde; denn Frauen durften dies zu jener Zeit nicht.
Damals äußerte er bei einer Sitzung des Akademischen Rates den Satz, dass die Fakultät - „keine Badeanstalt sei, wo Frauen und Männer getrennt werden sollten! Und jetzt, bei ihrer Nominierung für die Professorenstelle, sagen sie, dass dieser Platz für Kriegsheimkehrer reserviert ist!“
Es klopfte an der Tür.
„Ja, ja, treten Sie herein!“
Hilbert, der Emmy Noether sah, dachte wieder einmal, dass ihr Talent leider nicht im Einklang mit ihrem Aussehen stand: Emmy machte sich überhaupt keine Gedanken darüber, wie sie aussah, vor allem nicht im Unterricht oder bei wissenschaftlichen Debatten. Sie vergaß oft, ihre Haare zu frisieren oder das Kleid zu reinigen. Außerdem litt Emmy unter starker Kurzsichtigkeit, was dazu führte, dass sie eine hässliche Brille mit dicken Gläsern tragen musste. All dies machte sie in den Augen ihrer Kollegen weniger fraulich. Aber ihre Leistungen überwogen diese äußeren Unschönheiten.
“Damals konnte niemand ahnen, dass die braune Zeit des Nationalsozialismus einsetzen würde, dass Emmy Noether eine der ersten zehn jüdischen Professoren sein würde, die von ihrer Alma Mater entlassen werden würden, dass Göttingen seine Bedeutung als Weltmekka für Mathematiker in aller Welt verlieren würde, dass Emmy Noether aus den beiden Angeboten, die sie aus Großbritannien und den USA erhalten wird, letzteres wählen würde.
Schon zu Lebzeiten
wurde Emmy Noether als die Mutter der modernen Algebra bezeichnet. Und zu ihrem Tod veröffentlichte Albert Einstein einen Nachruf in der New York Times, in dem er sagte: "Nach Meinung der kompetentesten lebenden Mathematiker war Frau Noether das herausragende kreative mathematische Genie... Auf dem Gebiet der Algebra, das seit Jahrhunderten von den begabtesten Mathematikern betrieben wird, entdeckte sie Methoden, die für die heutige junge Generation von Mathematikern von großer Bedeutung waren und sind ..."