Mit dem Anschluss an das bayerische Eisenbahnnetz 1863 wurden die Weichen für den Aufstieg Weidens zu einer modernen Industriestadt gestellt. Nur zwei Jahre zuvor war in Bayern 1861 den jüdischen Bürgern endlich die volle Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit zugestanden worden. Damit war das Fundament für eine größere Ansiedlung von Juden in Weiden und für die Gründung einer Israelitischen Kultusgemeinde gelegt. Einer der ersten jüdischen Kaufleute, der nach Weiden zog, war der aus Floß gebürtige Leopold Engelmann. Er hatte 1862 eine Viehhandlung gegründet und 1871 den Sitz seiner Firma nach Weiden verlegt. Dort nahm das Geschäft, in dem seit 1890 Leopold Engelmanns Schwiegersohn Max Engelmann als Prokurist arbeitete, und der die Leitung der Firma 1892 ganz übernahm, einen
raschen Aufschwung. So erwähnte das „Gremium für Handel und Gewerbe in Weiden“ im Jahr 1903 „die gewaltigen Viehtransporte der Firma Engelmann dahier, der heute als zweitgrößter Viehhändler Deutschlands angesehen wird, und von dessen Transporten jährlich circa 6.000 Stück Vieh in der Station Weiden verfrachtet werden“.
Trotz seiner überregionalen Geschäftsbeziehungen verlor Max Engelmann die Belange der einheimischen Oberpfälzer Landwirte nicht aus den Augen. Diese züchteten in ihren meist kleinstrukturierten Betrieben das Bayerische Rotvieh, eine robuste, genügsame, an die vorherrschenden kargen Bedingungen angepasste Rinderrasse. Das Rotvieh, so Max Engelmann, ist
„für den Bestand eines großen Teils der landwirtschaftlichen Betriebe der nördlichen Oberpfalz vollkommen unentbehrlich. Es kann durch keinen anderen Viehschlag […] vollwertig ersetzt werden. Die Leistungsfähigkeit in der Arbeit, selbst bei unzureichendem Futter, die Härte der Hufe, die Widerstandskraft gegen Unbilden der Witterung et. cet. wiegen alle Nachteile […] vollkommen auf“. Max Engelmann unternahm deshalb alles, um den Erhalt des Bayerischen Rotviehs zu sichern, seine Bemühungen führten 1910 zur Gründung eines
„Verbandes mitteldeutscher Rotviehzüchter“.
Mit tatkräftiger Unterstützung eines jüdischen Viehhändlers war es gelungen, die erste große Überlebenskrise des Bayerischen Rotviehs vor dem Ersten Weltkrieg zu überwinden. Dann waren es jedoch die Nationalsozialisten, welche – beinahe – den Untergang dieser alten, regionaltypischen Rinderrasse einleiteten und einmal mehr ihren Heimat-Begriff als reine Phrase entlarvten. In ihrem Streben nach Selbstversorgung und Autarkie zur Vorbereitung ihrer Kriegsziele waren sie bereit, diese Tierrasse, welche die Identität der bäuerlichen Oberpfalz über Jahrhunderte geprägt hatte, durch das Fleckvieh mit seiner größeren Fleisch- und Milchleistung zu ersetzen. Gleichzeitig war mit der zunehmenden Mechanisierung und Motorisierung in der Landwirtschaft das Rotvieh als Zug- und Arbeitstier nicht mehr gefragt. Erst in den 1980er und 1990er Jahren setzte eine Gegenbewegung ein, um die Rasse vor dem Aussterben zu bewahren.
Max Engelmanns Sohn, der nach dem Großvater und Firmengründer wieder den Vornamen Leopold trug, wurde nach dem Novemberpogrom 1938, wie fast alle männlichen Weidener Juden, in das Konzentrationslager Dachau verschleppt. Dort wurden dem Großviehhändler von Weidens nationalsozialistischem Oberbürgermeister Hans Harbauer seine umfangreichen Besitzungen abgepresst. Nur wenige Monate vor Beginn des Zweiten Weltkriegs gelang es dem Kaufmann und Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde Weiden, eine Einreiseerlaubnis für die britische Kolonie Kenia zu erlangen. So überlebte er den Holocaust, wenngleich er den Weg in sein ostafrikanisches Exil im Mai 1939 nahezu mittellos antreten musste.